Sollte nach der Gymiprüfung ein knappes Resultat und der Verdacht auf eine fehlerhafte Korrektur vorliegen, kann es sich lohnen, genau hinzuschauen. Eventuelle Korrekturfehler können in einem Rekurs beanstandet werden. Wie so ein Rekursverfahren abläuft und worauf Sie achten sollten, erfahren Sie in diesem Artikel.
Einblick in die Prüfung
Ende März erhalten Sie die Resultate der Aufnahmeprüfung, die Prüfung selbst wird jedoch nicht mitgesandt. Sie dürfen die Prüfung bei der Schule anfordern und erhalten diese dann inklusive Lösungen in digitaler Form.
Fehlerhafte Korrekturen oder Bewertungen
Einbringen kann man nur fachliche Argumente, dazu zählen:
- falsch addierte Punkte
- übersehene Punkte, welche explizit im Korrekturschema vermerkt sind
- übersehene Punkte, welche in den Korrekturhinweisen als “ähnliche Lösungen” in Betracht kommen
Aussicht auf Erfolg haben Beanstandungen in allen Prüfungsteilen. Bei Aufsätzen ist eine Argumentation jedoch meist schwierig.
Aufsatzbewertung
Die Benotung des Aufsatzes liegt in der Kompetenz der korrigierenden Lehrpersonen. Hier ist kein expliziter Widerspruch zu den Anforderungen messbar, es gibt aber Fallbeispiele, in denen Schulen einer Neubewertung des Aufsatzes zustimmten.
Gegenüber der Bildungsdirektion ist eine Anfechtung der Aufsatzbewertung schwierig zu argumentieren und wenig erfolgversprechend.
Es gibt in der Vergangenheit zumindest ein Fallbeispiel eines erfolgreichen Rekurses über die Folgeinstanz des Verwaltungsgerichts. Dies ist ein Weg, den wir explizit nicht empfehlen.
Unklare Aufgabenstellungen
Das Korrekturschema ist für die korrigierenden Personen verbindlich. Kritik an der Aufgabenstellung kann deshalb zwar sinnvoll sein, führt aber im Einzelfall nur sehr selten zum Erfolg. Diesbezügliche Anpassungen hätten Auswirkung auf die Bewertung aller Prüfungen.
Persönliche Argumente werden nicht berücksichtigt
Argumente, welche mit der Situation der Schülerinnen und Schüler zu tun haben, werden in keinem Fall berücksichtigt. Dazu zählen:
- Positive Leistungsentwicklung der Schülerinnen und Schüler
- Krankheit
- Stress während Prüfungssituation / schlechter Tag
- Bilingualität oder Deutsch nicht als Muttersprache
- ADHS
Sofern vor der Prüfung ein Gesuch um Nachteilsausgleich gestellt wurde, kann dessen Einhaltung geltend gemacht werden.
Das Rekursverfahren
Wie reiche ich einen Rekurs ein?
Im Rekurs beantragen Sie bei der Bildungsdirektion - nicht bei der Schule - eine Neubeurteilung einzelner Prüfungsabschnitte. Als Begründung für diese müssen Sie Ihre konkreten Beanstandungen an der Prüfungskorrektur angeben. Erfolgsversprechende Beispiele für Beanstandungen sind z.B.:
- “Die Addition aller Teilpunkte der Mathematik-Prüfung ergibt 24 Punkte. Im Total der Prüfung sind jedoch nur 23 Punkte vermerkt.”
- “In der Aufgabe 4 der Mathematikprüfung ist das korrekte Resultat vorhanden, wenn auch das falsche Resultat doppelt unterstrichen ist. Laut Korrekturhinweisen müsste dies mit 2 statt 0 Punkten bewertet werden.”
- “Unter Berücksichtigung der oben genannten Punkte sehen die Korrekturhinweise eine Mathematiknote 4.5 vor, dadurch erhöht sich die Gesamtnote auf 4.75. Ich beantrage deshalb eine Neubeurteilung des Aufnahmeentscheids als positiv.”
Der Rekurs ist ein rechtsgültiges Dokument und befolgt deshalb einige wichtige formale Kriterien:
- Briefform auf Papier
- auf Deutsch verfasst
- ausgedruckt in zweifacher Ausführung
- von den Eltern rechtsgültig unterschrieben mit Ort und Datum
- Einreichefrist: 30 Tage nach Erhalt des Aufnahmeentscheids
- Adresse:
Bildungsdirektion
Generalsekretariat / Rechtsdienst Walcheplatz 2
8090 Zürich
Ergänzend: Wiedererwägungsgesuch
Parallel zum Rekurs können Sie zusätzlich bei der Schule, an der Ihr Kind die Prüfung abgelegt hat, ein Wiedererwägungsgesuch mit den gleichen Beanstandungen einreichen. Sofern die Schule auf dieses eingeht, korrigiert sie ihre eigene Eingabe bei der Bildungsdirektion und Sie wiederum können Ihren Rekurs zurückziehen.
Optional: Telefonat
Viele Schulen bieten die Möglichkeit an, einen telefonischen Termin mit Fachexperten zu vereinbaren. In diesem können Sie Fragen mündlich klären, welche Sie schriftlich vorbereiten. Manche einfachen Korrekturfehler können so schon behoben und umgesetzt werden. Oft fordern die Schulen jedoch die schriftliche Einreichung eines Wiedererwägungsgesuches.
Wir empfehlen, dass Sie mündliche Zusagen der Schule als unverbindlich betrachten, bis Sie eine schriftliche Bestätigung erhalten haben.
Was kostet ein Rekurs?
Die Kosten für einen abgelehnten Rekurs belaufen sich laut Bildungsdirektion auf 500-1500 Fr. Auf telefonische Nachfrage wird diese Zahl unverbindlich auf ca. 600 Fr. präzisiert. Wenn Sie aufgrund der Antwort der Schule auf das Wiedererwägungsgesuch ihren Rekurs bei der Bildungsdirektion zurückziehen, können Sie diese Kosten je nach Fortschritt der Bearbeitung teilweise oder ganz vermeiden.
Was passiert, nachdem ich den Rekurs gesendet habe?
Die erstinstanzliche Entscheidung über die Prüfung liegt bei der korrigierenden Schule. Wenn Sie bei der nächsthöheren Instanz - der Bildungsdirektion - den Erstentscheid anfechten, befasst sich diese aber nicht mit der Prüfung Ihres Kindes. Stattdessen wird von der Bildungsdirektion nur geprüft, ob der Entscheid der ersten Instanz (Gymnasium) Mängel aufweist. Sofern Ihre Beanstandungen als nicht rekursrelevant gewertet werden, findet keine zusätzliche Überprüfung der Korrektur statt.
Im Zweifelsfall wird die Bildungsdirektion deshalb auch nicht die Prüfung einer Zweitkorrektur unterziehen, sondern eine Stellungnahme, beziehungsweise Nachprüfung der Erstinstanz einfordern.
Aufgrund dieses Verfahrens erhalten Sie die Bestätigung oder Neubeurteilung des erstinstanzlichen Entscheids.
Beratung durch LearningCulture
Wir helfen Ihnen in der Rekursberatung gerne dabei, die Korrektur der Aufnahmeprüfung Ihres Kindes zu analysieren und auf Wunsch in einem zweiten Schritt das Rekursschreiben aufzusetzen. Aussicht auf Erfolg hat eine Beratung nur, wo das Prüfungsergebnis knapp ausfiel.
Zu beachten ist dabei, dass fehlende Notenpunkte in der Gesamtnote sich jeweils vervielfachen, wenn sie in einer einzelnen Teilprüfung kompensiert werden müssen. So entspricht z.B. Verbesserung um 0.5 Notenpunkte in der Langgymi Matheprüfung nur 0.125 Verbesserung der Gesamtnote, da sich diese zu 50% aus Vornoten, 25% Deutsch und 25% Mathe zusammensetzt.
Prüfungsanalyse
In der Prüfungsanalyse überprüfen wir die Korrektur und Benotung der Aufnahmeprüfung Ihres Kindes, halten mögliche Beanstandungen in einem Dokument fest und schätzen die Erfolgsaussichten eines Rekurses ab. Von Ihnen brauchen wir dazu Infos zu Vornoten/Prüfungsresultat und Fotos von allen Prüfungsunterlagen inkl. Aufsatz, dem Notenschlüssel und den Korrekturhinweisen.
Kosten Langgymi pauschal: 250 Fr.
Kosten Kurzgymi pauschal: 280 Fr.
Verfassen des Rekurses
Sofern Sie sich aufgrund der Prüfungsanalyse und unserer Empfehlung für einen Rekurs entscheiden, schreiben wir gerne den Rekurs und das Wiedererwägungsgesuch für Sie. Sie erhalten diese zur Ergänzung Ihrer persönlichen Angaben und Unterschrift zugestellt.
Kosten pauschal: 140 Fr.
Sehr gerne helfen wir Ihnen bei der Beurteilung der Erfolgsaussichten eines Rekurses oder auch beim Verfassen: kontakt@learningculture.ch / 044 520 81 19.
Quellen
- Informationen zum Rekursverfahren (Bildungsdirektion Zürich, März 2024)
- Tagesanzeiger: Rekurs ans Verwaltungsgericht (abgerufen am 16.03.2020)