Unterstützen Sie, statt zu dirigieren
Ihr Kind möchte es selbst ans Gymnasium und durch die Prüfung schaffen. Lassen Sie es deshalb den Lernprozess so weit wie möglich selbst steuern. Übernehmen Sie nicht die gesamte Führung, sondern unterstützen Sie Ihr Kind dann, wenn es selbst Hilfe einfordert.
Es gibt trotzdem genug Dinge, bei denen Sie unterstützen können. Da wäre beispielsweise die Suche nach Lernmaterial oder gemeinsam einen Zeitplan zu erstellen. Teilen Sie Lerntipps aus eigener Erfahrung mit Ihrem Kind. Auch hilft es Ihrem Kind, wenn Sie Aufsätze lesen und konstruktiv kommentieren oder bei kniffligen Aufgaben helfen. Drängen Sie sich jedoch nie auf und setzen Sie Ihr Kind nicht mit Vorgaben unter Druck. Wenn Ihr Kind unter starker Prüfungsangst leidet, kann ein früher Beizug einer Fachperson im Bereich Lerncoaching sinnvoll sein. Mit einem gestärkten Selbstbewusstsein kann sich Ihr Kind dann vollumfänglich auf das Lernen konzentrieren.
Seien Sie ein Motivator
Machen Sie sich darauf gefasst, dass Ihr Kind von Zeit zu Zeit keine Energie und Lust aufbringt. Das ist nicht schlimm. Vermitteln Sie die positiven Aspekte des Lernens und der Schule. Solche Durchhänger sind absolut normal. Muntern Sie Ihr Kind auf, zum Beispiel mit einem Lieblingsessen oder einem schönen Ausflug. Das sollte aber niemals als Bestechung eingesetzt werden, sondern um die Freude in Ihrem Kind wieder zu wecken. Flauten können so manchmal wie von Zauberhand verschwinden.
Wenn Sie Ihrem Kind doch einmal Anreize und Belohnungen in Aussicht stellen, dann knüpfen Sie diese nicht an fehlerfreie Resultate, sondern beispielsweise an den Abschluss eines Kapitels. Belohnen Sie den Einsatz, nicht das Ergebnis!
Falls Pausen nicht ohnehin schon von selbst entstehen, ist es wichtig, Ihr Kind immer wieder einmal daran zu erinnern. Kopf lüften, entspannen, Lernstoff sacken lassen – auch das gehört zum Lernprozess dazu.
Mit Druck arbeiten Sie gegen Ihr Kind
Der Prüfungsstoff ist umfangreich und Ihr Kind lernt vieles zum ersten Mal. Oft vergessen wir Erwachsenen die Komplexität dessen, was wir bereits können, und verlieren die Geduld, wenn unsere Erklärungen nicht sofort fruchten. Vermeiden Sie aber auf jeden Fall Vorwürfe wie «Das ist doch nicht so schwierig!» oder «Du hast schon wieder zu wenig gelernt!»
Zeigen Sie stattdessen einfach Ihr Interesse. Fragen Sie Ihr Kind, wie es voran kommt, ob es Hilfe braucht. Falls Sie merken, dass Sie die Geduld verlieren, erinnern Sie sich selbst daran, dass nicht Sie die Prüfung schreiben müssen. Bevor Sie sich aus Ungeduld im Ton vergreifen, macht es Sinn, die Aufgabe nochmals alleine durchzugehen und nach einer anderen Erklärform zu suchen oder gar jemand Drittes, der geeignet ist, ins Boot zu holen.
Erklären Sie Methoden
Gelegentlich werden Sie während der Vorbereitungszeit als Nachhilfelehrerin oder -lehrer fungieren müssen.
Verlieren Sie sich dann nicht in endlosen theoretischen Erklärungen. Theorie ist wichtig, aber oft kommt man schneller ans Ziel, wenn man die Methode betrachtet, wie man an eine Aufgabe herangeht. Durch die Methode bekommt man Übung und mit der Übung kommt Verständnis.
Versuchen Sie auch, nachzuvollziehen, wie Ihr Kind an die Aufgabe herangeht und setzen Sie dort an. Verraten Sie nicht die Lösung, suchen Sie stattdessen lieber gemeinsam eine Methode, die zur Lösung führt. Achten Sie darauf, dass Sie mit Ihrem Kind immer nur eine Methode aufs Mal lernen.
Wenn Sie sich bei dieser Aufgabe unsicher fühlen, finden Sie Hilfe bei Nachhilfelehrerinnen oder -lehrern.
Die Tage vor der Prüfung
Ihr Kind hat die intensive Vorbereitungszeit hinter sich. Sorgen Sie in denTagen vor der Prüfung für Entspannung, zum Beispiel mit einem Ausflug. Unternehmen Sie gemeinsam etwas, damit keine Nervosität aufkommt. Am Tag vor der Prüfung sollte Ihr Kind nicht mehr intensiv lernen, sondern nur bei Bedarf noch einmal Zusammenfassungen der Themen lesen. Sorgen Sie am Abend vor der Prüfung dafür, dass Ihr Kind die Tasche für den Prüfungstag packt (Ausweis/ID nicht vergessen). Gestalten Sie dann einen gemütlichen Abend, danach geht es früh ins Bett.
Am Morgen vor der Prüfung gibt es ein reichhaltiges und feines Frühstück, auch falls der Appetit ausbleibt. Wenn gar nichts runter geht, unbedingt einen Znüni einpacken. Der Hunger wird schon noch kommen. Begleiten Sie Ihr Kind an die Prüfung, aber fragen Sie es bitte keinen Stoff mehr ab auf der Fahrt. Planen Sie genügend, aber nicht zu viel Zeit ein. Vor Ort wird die Anspannung ziemlich sicher am höchsten sein. Machen Sie Mut und scherzen Sie zusammen, das sorgt für eine entspannte Stimmung.
Sie sind bestimmt ebenfalls aufgeregt. Tun auch Sie etwas für sich, um ruhig und gelassen zu bleiben. Das hat einen positiven Einfluss auf Ihr Kind. Eine Restaufregung bleibt wohl immer – es ist auch schön, diese zu teilen. Nur vermeiden Sie es, dass Ihre Nervosität Ihr Kind noch mehr anstachelt.
Ich rate Eltern davon ab, in der Schule zu warten. Bleiben Sie lieber vor dem Gebäude oder in der Nähe.
Gleich nach der Prüfung
Ihr Kind hat die Prüfung überstanden. Unabhängig davon, wie sie gelaufen ist: Nun ist Zeit, zu feiern. Laden Sie Ihr Kind zum Essen ein oder zu etwas, das es sehr gerne unternimmt. Falls es sich Sorgen macht, muntern Sie es auf, der Eindruck täuscht oft. Der Übergang von intensiver Lernarbeit in die Untätigkeit des Wartens kann schwierig sein, Ablenkung hilft da oft am besten. Vermitteln Sie Zuversicht und Geduld.
Der Moment der Wahrheit
Etwa zwei Wochen nach den Prüfungen erhält Ihr Kind das Resultat von der Prüfungsstelle. Entweder wird sich seine Miene erhellen oder trüben. Seien Sie in diesem Moment bei Ihrem Kind. Entweder sind Lob und Freude gefragt oder viel Einfühlungsvermögen. Bereiten Sie sich mental vorgängig auf beide Varianten vor, damit Sie auch bei einem negativen Resultat gefasst reagieren und für Ihr Kind da sein können. Denn: Es hat trotzdem viel geleistet, viel gelernt und wichtige Erfahrungen gemacht. Das alles wird Ihrem Kind in den nächsten Schuljahren helfen – und auch beim nächsten Versuch, ans Gymi aufgenommen zu werden. Scheitern ist wichtig, denn daran wächst man – und geht gestärkt weiter.
Sie können bei der Schule Einsicht in die Prüfung erbitten. Wenn Sie den Eindruck haben, dass bei der Bewertung etwas nicht stimmt, lohnt sich ein genauer Blick. Die Korrektur arbeitet unter Zeitdruck und Fehler passieren. Gerne unterstützen auch wir Sie bei der Analyse der Prüfung sowie dem Verfassen eines Rekurses: Gymiprüfung nicht bestanden. Macht ein Rekurs Sinn?
Nach guter Vorbereitung und mit ein wenig Glück wird Ihr Kind aber wahrscheinlich die Prüfung bestanden haben. Dann können Sie ganz nach eigenem Ermessen feiern - und sich nach ein paar Wochen Erholung langsam auf das Gymnasium einrichten.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen und Ihrem Kind eine gute Gymi-Vorbereitung!
David Heil