Strategische Prüfungsvorbereitung

21. Nov 2016 /

Jeder war schon einmal in dieser Situation: die Prüfung viel zu bald, noch nichts gelernt und kein Hauch von Motivation sich diese Plage anzutun. Und wenn dann die Kollegen sich treffen, um einen gemütlichen Nachmittag bei schönem Wetter miteinander zu verbringen, wird die Prüfungsvorbereitung nur noch qualvoller. Aber muss dies so sein? Gibt es keine Tricks sich schmerzfrei voll und ganz auf das Prüfungsfach zu konzentrieren?

Doch gibt es! Und das Beste dabei: Lernen macht mit den richtigen Tricks Spass! Lies hier worauf es beim Lernen ankommt und wie du mit Vorfreude an deine nächste Prüfung gehen kannst.

Theorie des Lernens

Lernen. Was heisst das überhaupt, “Lernen”? Neurologisch gesehen geht es darum, neue Synapsen (Verbindungen) zwischen den Neuronen (Zellen) des Gehirns zu bilden. Durch diese neuen Verbindungen versteht das Gehirn das gelernte und kann es durch gebrauch dieser neuen Verbindungen anwenden. Doch was heisst dies genau? Was lernen wirklich bewirkt, kann man sich am besten anhand einer kleinen Geschichte vorstellen:

Alf und Berta sind gute Freunde, die in zwei benachbarten Dörfern Wohnen. Zwischen den Dörfern befindet sich eine Wiese mit hohem Gras, durch welches Alf sich jedes Mal durchkämpfen muss, wenn er Berta besuchen will. Nach einigen Besuchen jedoch hat sich ein Trampelpfad über die Wiese gebildet, welcher die Überquerung erleichtert. Nach einiger Zeit bemerken andere Bewohnern der Dörfer den Trampelpfad und nutzen ihn auch um ins Nachbardorf zu ihren Bekannten zu kommen. Durch die erhöhte Frequenz der Besuche vom Nachbardorf werden die Bürgermeister darauf aufmerksam und beschliessen eine Strasse zu Bauen zwischen den Dörfern. Diese ermöglicht nun Alf und Berta sich gemütlich auszutauschen, wann immer sie wollen.

Die Geschichte beschreibt den Unterschied zwischen “Lernen” und “Machen”. “Lernen” heisst sich durch das Gras zu kämpfen, keiner vorgeschriebenen Route zu folgen und sich hier und da mal zu verirren. “Machen” hingegen ist das Benützen einer klar vorgegeben Strasse, die einen direkt ans Ziel führt.

Intervall Training

Was ist die Moral der Geschichte? Ein einmaliger Besuch baut keine Strasse. Nur durch mehrere Wiederholungen lässt sich ein Trampelpfad erstellen, der einem hilft, bei dem was man macht. Neue Verbindungen im Gehirn brauchen mehrere Wiederholungen des Lernstoffs. Auch ist es wichtig, das zu Lernende aus verschiedenen Blickwinkeln anzugehen. Dies hilft einerseits im kämpfen durch das Gras den schnellsten Weg zu finden und andererseits helfen andere Dorfbewohner (Verwendung des Gelernten in anderen Gebieten) den Trampelpfad schlussendlich zu einer Strasse auszubauen. Doch wie findet man die Motivation sich durchs Gras zu kämpfen, geschweige denn dies mehrfach zu tun um gerade mal einen Trampelpfad zu erhalten?

Von Lernmotivation zu Lernfaszination

Wie wir ans Lernen herangehen, hängt ganz von unserer Einstellung ab. Dabei ist es wichtig zu wissen, dass unsere Einstellung nicht von Natur aus vorgegeben ist, sondern wir, wenn wir wollen, gezielt darauf Einfluss nehmen können. Dies ist anfangs nicht einfach und muss auch gelernt werden, jedoch ist die Kontrolle der eigenen Einstellung etwas erstrebenswertes, wenn man nicht immer aus Lust und Laune handeln will, sondern einen scharfen Verstand bewahren will.

Im Hinblick auf Lernmotivation, beziehungsweise Lernfaszination sogar, ist es wichtig zu wissen, was uns motiviert, beziehungsweise fasziniert. Insgesamt gibt es 7 Auslöser von Faszination, auf die ich hier kurz eingehen will:

Das Ungewisse

Der erste Auslöser ist das Ungewisse. Menschen sind fasziniert von ungelösten Rätseln. Jeder gut geschriebene Krimi baut auf dieser Faszination, in dem bis zum Schluss unklar ist, wer das Verbrechen wie begangen hat. Dieser Auslöser lässt sich jedoch auch sehr gut anwenden um die Lernmotivation zu steigern. Sieh das noch nicht Gelernte als Rätsel, das verstanden werden will, und nicht als Tortur die einem Aufgezwungen wurde. Letzteres sagt dem Verstand, er könne nicht frei wählen. Dies hört kein Verstand gerne und oft fällt man durch eine solche Einstellung in ein Motivationstief.

Macht

Ein weiterer Auslöser von Faszination ist Macht. Wir lieben es, andere Personen Befehle geben zu können, beziehungsweise einer Person mit starker Ausstrahlung zu gehorchen. Wie lässt sich diese Faszination fürs Lernen verwenden? Stellt euch vor, wie ihr mit dem Gelernten anderen einen Schritt voraus seid und so diese in Gewissen Entscheidungen dominieren könnt. Dies ist teils etwas weit hergeholt, aber Menschen die durch Macht fasziniert sind hilft dieser Trick die Disziplin beim lernen zu bewahren.

Ansehen

Hand in Hand mit Macht geht der Auslöser Ansehen. Menschen streben danach, von anderen Menschen als schön, imposant und weise angesehen zu werden. Weisheit lässt sich jedoch nur durch lernen erreichen, also seid euch dessen bewusst.

Lust

Der wohl direkteste Auslöser von Faszination ist Lust. Dieser ist jedoch am schwierigsten sich zu Beginn in Verbindung mit Lernen vorzustellen. Es ist viel zu einfach gesagt, “ich habe keine Lust zum Lernen”. Doch was heisst dies? Lust beschreibt die Vorfreude auf etwas. Wer Lernen selbst als mühsam ansieht, wird Probleme haben Faszination durch Lust auszulösen. Wer Lernen jedoch als Möglichkeit der Selbstverbesserung ansieht und an der Erforschung des Unbekannten Freude hat, kann durch Lernerfolge Lust auf weiteres Lernen bekommen.

Druck

Ein bekannterer Auslöser der Lernmotivation, der oft unbewusst kommt, ist der Auslöser Druck. Besonders Zeitdruck und ein schlechtes Gewissen bringen uns am Abend vor der Prüfung doch noch dazu das Lernmaterial zu überfliegen. Den Auslöser Druck kann man jedoch viel gezielter und hilfreicher einsetzten, und zwar zum Beispiel durch das Setzen von täglichen Lernzielen. Hierbei gilt die Devise sich die Ziele nicht zu gemütlich zu setzen, am meisten erreicht man, wenn man sich selber etwas unter Druck setzt.

Versuchung

Hand in Hand mit dem setzen von Lernzielen geht das setzen von klar definierten Lernzeiten. Hierbei ist wichtig, dass man sich das Lernen ausserhalb dieser Lernzeiten verbietet! Tönt komisch, wirkt aber. Nicht nur weil man neben dem Lernen einen Ausgleich haben sollte, sondern weil man so auch gezielt einen weiteren Motivator auslöst, den Motivator Versuchung. Wie vorher bereits erwähnt mag kein Verstand, wenn man ihm Grenzen vorschreibt. Dementsprechend tendieren Menschen immer wieder dazu Regeln zu brechen. Verbiete dir also das Lernen um schlussendlich durch den Drang der Versuchung doch mehr zu Lernen!

Vertrauen

Nach diesem etwas irrationalen Trick, hier noch der letzte Auslöser von Faszination: Vertrauen. Vertrauen hier im Sinn das man gute Erfahrungen mit guten Erwartungen verknüpft. Um dies aufs Lernen anzuwenden, erinnere dich bevor du dich ans Lernen setzt an den letzten Lernerfolg und es wird dir einfach fallen anzufangen. Vertrauen wird oft auch in Verbindung gesetzt mit Routine: Wenn man jeden Tag zur gleichen Zeit sich für die gleiche Zeitdauer ans Lernen setzt, macht man dies nach einer gewissen Zeit auch, wenn die Motivation zum Lernen mal nicht so gross ist.


Welcher der 7 Auslöser von Lernmotivation am besten funktioniert ist von Person zu Person unterschiedlich. Um möglichst viele Einzubinden, lies hier weiter wie du Während des Lernens und während der Prüfung am besten vorgehst.

Während der Prüfungsvorbereitung

Der Lernplan

Wenn man auf eine grössere Prüfung lernt, ist es wichtig, einen Lernplan zu erstellen. Doch was gehört hier alles dazu? In erster Linie dient ein Lernplan dazu sich zurecht zu finden in dem Lernmaterial und zu wissen, wo man steht. Die minimalste Anforderung an einen Lernplan ist also, zu definieren, an welchen Tagen man welches Themengebiet des Lernmaterials behandelt. Viel besser ist es jedoch pro Lerntag zu definieren, in welchem Zeitrahmen man welchen Abschnitt liest, beziehungsweise welche Übung macht. Ein Beispielhafter Lernplan neben dem regulären Unterricht (Unterstufe) für eine bestimmte Woche sieht dann ungefähr so aus:


Ein Beispielhafter Lernplan für eine bestimmte Ferienwoche (Matura/Universitäre Prüfungen) könnte ungefähr so aussehen:


Beachte hier auch, dass sogenannte “Puffer” eingeplant werden sollten. Dies sind Zeiten, in denen man noch Lernen kann, was man bis dann noch nicht geschafft hat, oder andererseits noch Unsicheres wiederholen kann.

Ein gut gestalteter Lernplan motiviert durch Routine (Vertrauen), Tagesziele (Druck) und Lernverbote (Versuchung).

Der Irrtum der geplanten Pause

Beim Anblick dieses Lernplans fragen sich wohl einige, wo sind hier die Pausen, abgesehen von den Mittagspausen? Diese Frage rührt von dem weit verbreiteten Irrtum her, dass Pausen geplant werden müssen. Es ist definitiv wichtig und notwendig Pausen zu machen, doch zeitlich erzwungene Pausen sind eher hinderlich als hilfreich. Eine Pause einzulegen wenn man gerade voller Begeisterung in den Lernstoff vertieft ist macht genauso wenig Sinn wie weiter zu arbeiten wenn man sich nicht mehr konzentrieren kann. Richtig Pausieren heisst Pausen dann einlegen, wenn man sie nötig hat. Konkret heisst dies, wenn man einen Abschnitt zum dritten mal liest, weil man ihn nicht verstanden hat, wenn man vor Müdigkeit einnickt, oder wenn man andauernd mit den Gedanken vom Thema abkommt, dann ist eine Pause nötig. Wichtig ist hier auch, dass man sich keine Limite bei den Pausen setzt; mach so oft und wann immer du willst eine Pause. Denk jedoch dabei immer an deine Lernziele und warum du vom Lernen so fasziniert bist! Lernen sollte nicht ein sehnliches erwarten der nächsten Pause sein, sondern viel mehr eine Freude, in die man sich nach einer kurzen Pause wieder voll reinhängen kann.

Lernerfolg geniessen

Pausen sind auch gut nach dem Abschliessen eines Abschnitts/Kapitels oder nach der Erfolgreichen Beendigung einer Übung. Hier kommt noch hinzu, dass man mit Stolz auf das erreichte zurück schauen sollte. Auch wenn die hoch gesteckten Lernziele nicht erreicht wurden, geniesse was erreicht wurde. So kannst du im nächsten Lernabschnitt wieder voll durchstarten und gehst nicht schon mit einer schlechten Laune an den Lernstoff heran.

Während der Prüfung

Die Lernzeit ist vorbei, die Übungen gelöst und die Prüfung steht vor der Tür. Plötzlich fällt dir das Herz in die Hose und die Prüfungsangst kommt. Was wenn genau das gefragt wird, dass du noch nicht so gut verstanden hast? Was wenn die Zeit an der Prüfung nicht reicht? Was wenn du doch etwas falsch verstanden hast?

Keine Panik, Prüfungsangst ist normal und ansich nichts Schlimmes. Wichtig ist jedoch zu wissen, wie damit an der Prüfung umzugehen ist:

Nicht Denken - Machen!

Erinnerst du dich noch an die Geschichte mit dem Trampelpfad zwischen den zwei Dörfern? Egal ob dein Gelerntes einem holprigen Trampelpfad, einem befahrbaren Weg oder einer Autobahn gleicht, gross etwas daran ändern kannst du an der Prüfung selbst nicht mehr. Was du jedoch kannst ist dem Weg folgen. Löse die Aufgaben die du kannst an der Prüfung und versuche nicht einen neuen Weg durch ein unerforschtes Gebiet zu bahnen.

Durch taktische Entscheidungen bessere Noten erreichen

Eine Prüfung taktisch lösen? Ja das geht! Und die Taktik ist recht einfach: Lösen/Überspringen, Wiederholen. Und so geht’s: Lies die erste Aufgabe durch. Falls du weisst wie sie zu lösen ist, löse sie direkt. Falls du innerhalb der ersten paar Sekunden keine Ahnung hast, wie sie zu lösen ist, gehe zur nächsten Aufgabe. Hier wiederholst du den Vorgang: Entweder direkt lösen oder überspringen. Bist du am Ende der Prüfung angekommen fängst du mit dem gleichen Prozedere für alle bisher ungelösten Aufgaben wieder von vorne an. Tönt zu einfach um eine gute Taktik zu sein? Hier zwei Gründe warum die Anwendung dieser einfachen Taktik die Erfolgschancen trotzdem steigert:

  • Durch ein schnelles Entscheiden “Lösen oder Überspringen” kommst du nicht in Versuchung, einen neuen Pfad zu erstellen sondern bleibst auf deinen dir bekannten Trampelpfaden. Dies spart einiges an Zeit, welche du zum Lösen derjenigen Aufgaben brauchen kannst, die du beherrschst.

  • Durch das erneute Lesen der bisher ungelösten Aufgaben nach dem du am Ende der Prüfung angekommen bist erhältst du nochmals einen anderen Blickwinkel auf die Aufgaben, welcher dir den vorher verborgenen Pfad plötzlich klar ersichtlich machen kann. Zudem können auch andere Informationen dir helfen den richtigen Anfangspunkt zu finden: Was wurde in den anderen Aufgaben behandelt? Welches noch nicht behandelte Thema sollte auch noch geprüft werden?


Alles in allem, hoffe ich dass dieser kurze Artikel Hilfreich für dich ist, deine nächste Prüfung gut anzugehen. Falls du dir Anfangs nicht zutraust all diese Tipps anwenden zu können oder du noch mehr über Lerntaktiken erfahren willst, so ist es auch oft hilfreich sich einen Lerncoach zur Seite zu nehmen. Dieser kann dir bei der Erstellung eines Lernplans helfen und dir hier und da den Weg zur Lernfaszination zeigen. So oder so wünsch ich dir viel Spass beim Lernen und eine erfolgreiche Prüfung!

Referenzen:

  • Sally Hogshead - Fascinate

  • Knight - Applied EI

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